*Bam! * Cccchhhhh..!!! Dieses Mark und Bein durchdringende Geräusch ist mir leider nur allzu bekannt. Der Unterboden unseres Autos schleift über die unebene Offroad-Strasse, die uns zu unserer Oase bringen soll. Da hat uns google mit der “Mautstrasse-Vermeiden”-Variante ja wiedermal schön in die Pampa geleitet.. Ich schicke an diesem Tag genau zwei Stossgebete. Eines, dass wir die Fahrt zu diesem ultimativen, italienischen Geheimtipp heil überstehen und eines, dass wir dieses Ferienidyll, das wir noch vorfinden werden, niemals wieder verlassen müssen.
Aber alles der Reihe nach. Eigentlich, hatte ich dem Artikel-Schreiben schon längst abgeschworen. Eigentlich.
Eigentlich beschränkte ich mich zudem ja ausschliesslich auf Lobeshymnen über empfehlenswerte Restaurants. Eigentlich.
Und eigentlich müsste ich ein solches Bijou ja für mich behalten, um die Auslastung überschaubar zu halten und das Ganze jederzeit nur für mich geniessen zu können. Aber eigentlich ist diese Unterkunft eifach so aussergewöhnlich und ein solch absolutes Highlight für alle die, die Ruhe und Abgeschiedenheit suchen, dass ich sie einfach mit euch teilen muss! Alles andere wäre hochgradig gemein und egoistisch von mir. Öffnen wir also die Pforten:
Der Duft von unzähligen Jasminblüten steigt mir ins zarte Näschen, als ich unter dem Torbogen aus den selbigen Blumen hindurchschreite. Ein klein wenig entspannter als noch gerade eben fühle ich mich bereits. Da hatte ich aber auch die Glastür zu der mit Liebe eingerichteten Galerie-Wohnung der restaurierten Öl- und Kornmühle noch nicht geöffnet. Es erwartet uns eine perfekt ausgestattete Küche, mit Scheinwerfern in Szene gesetzte Kunstgemälde an den Wänden und ein sich bei Regen automatisch schliessendes Dachfenster. Also alles Dinge, die man bei so einem typischen Landhausaufenthalt absolut erwarten würde.. Ah und da wäre natürlich noch der top moderne Pool, welcher einen nach einer ausgiebigen Wanderung in der unberührten Natur oder einer schweisstreibenden Bike-Tour zu den auf Hügeln tronenden Dörfern erholen lässt. Ein Plätzchen also, an dem es sich sowohl aktiv, wie auch passiv entspannen liess.
So allmählich beginnt das Vergangene zu verblassen und die Gegenwart erwartet uns zu einem allabendlichen aperitivo unter dem schattenspendenen Loorbeerwäldchen. Ich montiere also den casual-chic-Look und begebe mich die terrakotta-farbene, steinerne Treppe zur Terrasse hinunter, fest entschlossen den angestrebten Wein genüsslich zu degustieren. Doch der Anblick, der mir geboten wird, kommt einer Offenbarung gleich und lässt mich binnen Sekunden alles andere um mich herum vergessen. Ein Meer aus mediterranen Blumen in den unterschiedlichsten Farben und Formen, mit viel Geduld und Mühe gepflegt. Ein piccolo paradiso für die Biodiversität und ein Gemälde in den Augen Paul Klees. Bei diesem himmlischen Garten könnte so mancher Botaniker ein neues Pflänzchen entdecken und so mancher Landschaftsgärtner sich sein Lehrbuch mit ein paar Seiten ergänzen. Ergänzt wird dieses kleine Himmelreich an Blumen und duftenden Kräutern von Spazierwegen durch das riesige Anwesen entlang des Bachrands und unzähligen Nischen, welche jeden Stil-Fotografen an die Kapazitätsgrenze seiner SD-Karte bringt.
Mir war klar, an diesem magisch Ort konnte man alles finden. Ob nette Gespräche und Begegnungen unter Gleichgesinnten oder mit sich selbst, die Energie dieses Plätzchens schien einem das zu geben, was man gerade brauchte. Die beiden sympathischen Schweizer Gastgeber hatten sich hier einen wahren Traum verwirklicht und ganz offensichtlich taten sie alles dafür, dass es auch uns bei diesem Aufenthalt an nichts mangelte. Ob das vortreffliche 4-Gänge-Menü oder das Frühstückskörbchen vor der Tür, es fehlt hier einfach nichts. Dass sich die hauseigenen Hühner dabei um die täglich frischen Eier höchstpersönlich bemühten und das Olio di oliva extra vergine aus eigener Produktion stammt, brauche ich an dieser Stelle wohl kaum noch hervorzuheben. Generell wird hier mit dem eigenen Strom geheizt und gekühlt und die Bewässerung gelingt natürlich durch den privaten See. Bio, nicht als Label, sondern als Haltung.
Mit ihren acht individuell gestalteten Wohneinheiten und einer Suite eingebettet von Olivenhainen und Landwirtschaftszone, hat das Ehepaar Aerni den Aussteiger-Traum in seiner Vollkommenheit erfolgreich umgesetzt und für ihre Gäste eine exklusive Atmosphäre in ungezwungenem Ambiente geschaffen. Ein Agriturismo das mit viel Herz erschaffen wurde und mit viel Herz am Leben gehalten wird. Ein kleiner Garten Eden, in dem es sich zu verweilen lohnt.
Summend schlendere ich unterdessen doch noch in Richtung vino bianco um dem dolce far niente zu frönen. Woher war ich nun nochmal gekommen? Ich wusste es nicht mehr. Aber was ich wusste: hätte Gott ein Päuschen in seinem Schaffen gebraucht, er wäre in Umbrien gelandet.
