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Die Schätze des Mittelmeeres Teil 2

sibyllesteger

Aktualisiert: 16. Juli 2024

Meine Erwartungen an diesen Abend waren entsprechend hoch gewesen. So versprach dieser, vor unserer Rückreise in die Schweiz, nicht nur deswegen etwas ganz Besonderes zu werden, weil es nun halt mal der letzte Abend war, nein, der Ort an sich, in welchem wir uns befanden, veranlasste ebenfalls zum Schwärmen. Die idyllische Region im Norden Sardiniens hatte sich längst nicht nur dank ihrem feinen Wein, den türkisblauen Badebuchten und dem Luxusstädtchen Porto Cervo (!) einen Namen gemacht. Jennifer Aniston, Giorgio Armani und sogar George Clooney sollen sich regelmässig unter den Strahlen der sardischen Sonne ihre Bräune holen. Klar, dass mit dieser Schlagzeile das nächste Ticket für die Sommerferien bereits so gut wie gebucht war. Was für Clooney’s Gaumen gut genug war, konnte für mich ja nur das Richtige sein. Die goldene Sonnenbrille im Gepäck, die Billigkopie eines weissen Cocktail-Schlabberhuts auf dem Kopf: High-Society Restaurant, wir kommen!
 
Ganz bis nach Porto Cervo hat es für unser Budget vor Ort dann doch nicht ganz gereicht... Und so kam es, dass wir uns stattdessen in einem der angeblich besten Restaurants des Nachbarortes „Baja Sardinia“ statustypisch „bedienen" liessen. In dem an einer langen Promenade erbauten Städtchen, wo sich Restaurant an Restaurant aneinander reihen, gelangt man schnell zu der Überzeugung, dass da doch eh alle unter einer Decke stecken und jeder so in etwa das Gleiche zu bieten hat. Aber attenzione! Das Hotelrestaurant am hintersten Ende der Flaniermeile scheint mir selbst bei Nacht die Konkurrenz in Porto Cervo „in den Schatten“ zu stellen.
 
Eine laue Sommerbrise wehte mir durchs Haar. Ohne zu Fragen wurde uns von der sympathischen Servierdüse im Kravattenhemd ein Tisch in vorderster Reihe angeboten. (Das muss an meiner goldenen Sonnenbrille gelegen haben – da bin ich mir heute noch sicher.) Tiefenentspannt und das Näschen ein klein wenig weiter oben als üblich, atmete ich die salzige Luft des Meers, auf welches wir von unserem Platz aus direkt blicken konnten, ein. Die unzähligen Lichter, welche sich zu unserer Rechten in der Bucht von Baja Sardinia erstreckten, leuchteten wie ein für dieses Restaurant speziell entzündetes Kerzenmeer. Feierlich stiessen wir mit dem Begrüssungstrunk des Hauses – einem offerierten Prosecco – auf diese phänomenale Kulisse an. Was für ein Abend! Den Sternenhimmel über mir, den Liebsten neben mir und das künstlerisch gestaltete Amuse-Bouche auf seinem Löffel vor mir. Was will man mehr?
 
„Oh, da gibt es so einiges „mehr““, scheint sich die Küche des Hauses gedacht zu haben und überraschte mich mit einem vortrefflichen Starter italienischer Spezialitäten. Das schwarze Schieferplättchen u.a. mit edlem Prosciutto, Premium Parmesan und irgend so einem sau-teuren, weissen Speckstreifen, bringt manch einer sicher schon mal ins Grübeln, wo um Himmels Willen er denn nun anfangen soll. Meine Begleitung verputzte in der Zwischenzeit das, was man hierzulande einen Caesar-Salat mit viel Caesar und wenig Salat oder anders formuliert – eine schicke Schieferplatte mit viel Huhn und ein paar Salatblättli in raffinierter Form nennen würde. Ich nenne ihn daher nur noch „Caesar“. Da lässt man sich nicht lumpen und wir genossen unsere beiden schmackhaften Gänge. 
 
Kaum das Dreierlei an Köstlichkeiten und den Caesar weggeputzt, wurde der Teller auch schon weggeräumt und mit einem unangemeldeten Zwischengang in Form eines Sorbets ersetzt. Nett, was sich die Küche für ihren Preis da alles an aufmerksamen Supplements einfallen lässt. In diesem Moment ertönten aus dem hinteren Teil der Terrasse italienische Klassiker, wie sie Adriano Celentano nicht hätte besser wiedergeben können. Die Klänge von Piano- und Gitarre-Hits veredelten die Nacht. Der Musik wegen, waren wir aber nicht hergekommen. Was mich am Allermeisten interessierte war natürlich, ob mein Liebling mit schickem, grau meliertem Schopf noch mit seiner Perle liiert war und sich gegebenenfalls heute in diesem Lokal zeigen würde. Angeblich sollte sich dieser ja des Öfteren mit seinem Privatjet auf der Insel aufhalten. Egal – ob verheiratet oder nicht; Modelmasse hin oder her - meine Flirtoffensive war bis ins letzte Detail durchgeplant und meine eigens für diesen Abend angeschaffte Louis Vuitton-Tasche würde ihn dann schon überzeugen und das Match für mich entscheiden.
 
Ich zwang mich meine Gedanken wieder auf den mittlerweile herbeigebrachten Hauptgang – eine vortrefflich zubereitete Sardische Spezialität namens Fregola – zu richten. Die gerösteten Hartweizenkügelchen mit Meeresfrüchten, liessen mich für einen Augenblick wieder auf den Boden der Realität zurücksinken. Zum guten Glück! Denn diesen Moment darf man auf gar keinen Fall verpassen, wenn die perfekt al dente zubereiteten, wenn auch irgendwie spannend schlüpfrig in ihrer Sauce schwimmenden „Pasta-Tröpfchen“ einem verspielt im Munde herumtollen. Ich kann mit gutem Gewissen behaupten, dass dies die besten Mini-Teigkügelchen waren, die ich soweit auf der Insel kennen lernen durfte. Und auch die medium gegarten Rindshäppchen mit dem künstlerisch angerichteten Gemüse liessen wieder einmal weder in Geschmack noch in Liebe, mit welcher sie offensichtlich angerichtet wurden, irgendwelche Wünsche offen. Picasso wäre auf diese Farbkombination jedenfalls sehr stolz gewesen.
 
Wer sich zwischen den vielen köstlichen Nachtischen nicht entscheiden kann, der wählt am Besten die Dessertvariation mit vielen kleinen „Versucherli“ aus beinahe allen Desserts auf der Karte. Wer aber einen guten Grappa dem Dessert vorzieht, wird sich in der eigens dafür hergerichteten Minibar baden wollen. Der ganze Stolz dieses Lokals scheint die Grappa-Riesenflasche mit entsprechender Riesen-Pipette zu sein, mit welcher die Mitarbeiter mit Leidenschaft das verhältnismässig „munzige“ Grappa-Gläschen füllen. Dieser runde Abschluss liess diesen Abend im Restaurant Casablanca vollkommen werden und mich, auch ganz ohne den Clooney gesehen zu haben, mit süssen Erinnerungen anschliessend in den Schlaf fallen.     
  





 
 

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